Drei Zukunftsfragen …

Drei Zukunftsfragen …

… an Helge RECHBERGER, Senior Director im Bereich Retail Research Management der RBI

Das abgelaufene Börsenjahr war ein fulminantes! Hat die Aktienmarkt-Rallye nach den starken Anstiegen 2020 noch Luft nach oben oder drohen zunehmend Rückschläge?

Kurzfristige Korrekturen und Gewinnmitnahmen sind nach so steilen Kursanstiegen natürlich jederzeit möglich, sie sollten aus unserer Sicht aber nicht lange Bestand haben. Interessanterweise ist nach Quartalen mit starker Kursperformance bzw. Jahren mit besonders hohen Kurszuwächsen (>20 %) die darauffolgende 12-Monats-Performance im Schnitt sogar signifikant besser als im langfristigen Durchschnitt! Für einen Fortbestand der Aufwärtsbewegung spricht auch, dass wir heuer von einer deutlichen Verbesserung der Dynamik im Industriebereich ausgehen und die Geldpolitik vorerst noch sehr expansiv bleiben dürfte.

Aufgrund des Brexits und des US-chinesischen Handelskonflikts war 2019 ein politisch ereignisreiches Börsenjahr. Heuer im November steht nun die US-Wahl im Fokus. Bleiben die Aktienmärkte 2020 weiter ein Spielball der Politik?

Ja, auch heuer bleibt der „politische“ Einfluss auf die Aktienmarkt-Entwicklung hoch. Im Hinblick auf den Brexit gehen wir von einer schlussendlich „sanften“ Scheidung zwischen Großbritannien und der EU aus. Auch der US-Präsident sollte trotz der aktuellen Zuspitzung im Iran geopolitische Eskalationen (insb. beim Handelsstreit mit China) vor der Präsidentschaftswahl eher meiden, um seine Wiederwahl nicht zu gefährden. In Summe könnte sich daher dieser Themenblock heuer als Unterstützungsfaktor für die Aktienmärkte erweisen.

Die schwachen Wirtschaftsdaten veranlassten die EZB und die US Notenbank Fed im abgelaufenen Jahr zu Lockerungsschritten in ihrer Geldpolitik, was wiederum zu neuen Allzeittiefständen bei den europäischen Anleiherenditen führte. Wie geht es 2020 wirtschaftlich in der Eurozone weiter und was bedeutet dies für die Zinsen?

Wie zuvor skizziert, erwarten wir eine Erholung im Industriesektor. Erste Anzeichen für eine Bodenbildung sind hier im einen oder anderen Segment (z.B. bei den Automobilabsätzen) durchaus schon zu erkennen. Der Dienstleistungsbereich der Wirtschaft hat sich ohnehin zuletzt gut gehalten und sollte auch heuer robust wachsen. In Summe erwarten wir für die Eurozone ein reales BIP-Wachstum von respektablen 0,8 % nach guten 1,2 % im Vorjahr. Eine Wachstumsverlangsamung ist somit in den Daten sichtbar, eine signifikante Abkühlung dürfte aber klar vermieden werden. In dem von uns beschriebenen Umfeld wird die EZB trotz der konjunkturellen Stabilisierungstendenzen wohl ihre abwartende Haltung beibehalten und unverändert eine prinzipielle Bereitschaft für zusätzliche Stimulierungsschritte signalisieren. Die Geldpolitik bleibt also unserer Einschätzung nach darauf ausgerichtet, die Zinsen und Anleiherenditen niedrig zu halten.



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