In der Regel kommt der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) am Hauptsitz in Frankfurt am Main zusammen, um über aktuelle geldpolitische Maßnahmen zu beraten und zu entscheiden. Ab und zu trifft sich das Gremium im Ausland – dieses Mal in Brdo pri Kranju in Slowenien. Am Anschluss gab der EZB-Rat unter seiner Vorsitzenden Christine Lagarde bekannt, was viele Marktteilnehmer bereits erwartet hatten: die dritte Zinssenkung im Rahmen der im Juni eingeleiteten geldpolitischen Wende.
Der Einlagensatz, zu dem Banken Gelder bei den Zentralbanken des Eurogebiets anlegen und der nunmehr als Referenz für die Geldpolitik im Euroraum dient, wurde um 0,25 Prozentpunkte auf 3,25 % herabgesetzt. Gleichzeitig werden die Zinssätze für Hauptrefinanzierungsgeschäfte und die Spitzenrefinanzierungsfazilität bei 3,40 bzw. 3,65 % liegen. Die neuen Zinssätze treten am 23. Oktober in Kraft.
Die Entscheidung zur erneuten Zinssenkung basiert laut Lagarde auf einer aktualisierten Einschätzung der Inflationsaussichten und der Wirkung der Geldpolitik auf Wirtschaft und Finanzsystem. Kurz vor Bekanntgabe der Zinsentscheidung teilte das europäische Statistikamt Eurostat mit, dass die Inflation im Euroraum im September auf Jahresbasis bei 1,7 % lag, was noch 0,1 Prozentpunkte weniger als die ursprüngliche Schätzung ist. Damit sank die Inflation erstmals seit Juni 2021 unter 2 %, die das mittelfristige Ziel der EZB sind.
Obwohl die EZB erstmals seit 13 Jahren die Zinsen zwei Monate in Folge kappte, vermied die Zentralbank Hinweise auf die künftige Zinsentwicklung im Jahresverlauf. Auch Präsidentin Christine Lagarde wollte sich auf der Pressekonferenz nicht konkret festlegen. Man werde weiterhin einen datenabhängigen Ansatz verfolgen und von Sitzung zu Sitzung entscheiden.
Innerhalb der EZB warnt das Lager der „Falken“, zu denen auch Österreichs Notenbankchef Robert Holzmann zählt, weiterhin vor einer zu starken Lockerung der Geldpolitik. Ihr Argument: Die Kerninflation, bei der die Preise für Energie und Nahrungsmittel herausrechnet werden, ist mit 2,7 % weiterhin deutlich zu hoch. Die Preissteigerungen für Dienstleistungen bewegen sich sogar weiterhin bei 4 %. Für weiteren Inflationsdruck ist gesorgt: Die Lohnsteigerungen in der Eurozone liegen aktuell bei durchschnittlich 4,5 %.
Auch in den USA ist das Inflationsgespenst noch nicht vertrieben. Der Preisdruck hat im September weniger stark nachgelassen als von Analysten erwartet. Die Verbraucherpreise stiegen zum Vorjahresmonat um 2,4 % – dies ist zwar die niedrigste Inflationsrate seit Februar 2021, im Marktkonsens wurde jedoch ein etwas stärkerer Rückgang von den 2,5 % im August erwartet. Die um Energie- und Lebensmittelpreise bereinigte Kerninflationsrate stieg sogar unerwartet auf 3,3 % an. Da der US-Arbeitsmarkt zudem keinerlei Anzeichen von Schwäche zeigt, werden nun sogar die Stimmen lauter, die bei der nächsten Sitzung der US-Notenbank Anfang November eine Zinssenkungspause fordern.
Das ändert jedoch nichts daran, dass der übergeordnete Trend bei Zinsen und Inflation dies- und jenseits des Atlantiks weiterhin nach unten gerichtet ist. Gleichwohl könnte sich die Inflation als hartnäckiger erweisen als noch vor Monaten gedacht. Auf ein solches Szenario können Anleger beispielsweise mit der neuen Inflationsanleihe 10 von Raiffeisen Zertifikate reagieren, die sich momentan in Zeichnung befindet. Das Wertpapier ist in den ersten beiden Laufzeitjahren mit einem jährlichen Zinssatz in Höhe der Inflationsrate ausgestattet. Danach gibt es eine Verzinsung von 2,6 % p.a. Die Rückzahlung nach dem 4. Jahr erfolgt zu 100 %.
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